Ein Labor für elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) mit blauen Schaumstoff-Absorbern an den Wänden, in dem Produkte auf ihre elektromagnetische Verträglichkeit getestet werden.

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

Die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist ein entscheidender Aspekt bei der Entwicklung elektronischer Geräte. Dabei ist die EMV unerlässlich, damit Systeme störungsfrei funktionieren.

In vielen elektronischen Geräten werden Schaltnetzteile und hoch getaktete integrierte Schaltungen verbaut. Diese Geräte werden an das Stromnetz angeschlossen und sollen im Betrieb weder benachbarte Geräte stören noch von diesen gestört werden. 

Je höherwertig ein elektronisches System aufgebaut ist, desto unempfindlicher wird es gegen Störeinstrahlungen und desto geringer werden auch seine Störaussendungen sein. Erfüllt die elektromagnetische Verträglichkeit noch nicht die gesetzlichen Anforderungen und muss verbessert werden, kommen EMV-Filter zum Einsatz. Je nach Anwendung und den zu einzuhaltenden Grenzwerten werden ein- oder mehrstufige Filter eingesetzt.

Die Kennzeichnung der Geräte mit dem CE-Zeichen sichert dem Anwender neben anderen Produkteigenschaften (z.B. Sicherheit, Schadstofffreiheit) auch die Einhaltung der relevanten EMV-Grenzwerte zu. Es handelt sich bei der CE-Kennzeichnung aber nicht um ein offizielles Prüfsiegel. Vielmehr erklärt der Gerätehersteller, die Einhaltung der produktrelevanten Regeln einzuhalten. Für die Richtigkeit dieser Aussage haftet er selbst und muss auf Nachfrage alle Unterlagen bereitstellen, die die Normenkonformität beweisen. Die profunde Kenntnis der technischen Anforderungen ist unabdingbar.

Störsenke, Störquelle und Kopplungspfad

Das elektrische Endsystem, welches Störungen erzeugt, wird als Störquelle (Sender) und das elektrische Endsystem, welches durch die Störquelle beeinflusst, wird als Störsenke (Empfänger) bezeichnet. Die Störung gelangt über einen Kopplungspfad (Weg) zur Störsenke (siehe Abb. 1). Der Sender kann das Betriebsverhalten des Empfänger stören und dessen Funktion damit erheblich beeinflussen oder gar verhindern.

Gegenmaßnahmen

Um die ausgesandten Störungen zu reduzieren und die Empfindlichkeit für empfangene Störungen zu senken, gibt es im Wesentlich drei Stellen, an denen die Maßnahmen ansetzen können. Die jeweiligen Geräte (Sender/Empfänger) werden verbessert oder der Kopplungspfad wird durch zusätzliche Maßnahmen optimiert (siehe Abb. 2).

In der Geräteentwicklung hat der Systemdesigner aber nur Einfluss auf sein Gerät. Die Umwelt, also andere Sender und Empfänger müssen als gegeben hingenommen werden. Neben dem sauberen eigenen Systemdesign bleibt als weitere Maßnahme dann nur die Optimierung der Kopplungsmechanismen.

Störungs- und Kopplungsart

Sollen gute EMV-Eigenschaften im System erreicht und gewährleistet werden, müssen alle auftretenden Störungs- und Kopplungsarten bekannt sein (Abb. 3).

Galvanische Kopplung:

Zwei Stromkreise sind leitend miteinander verbunden. Diese haben eine gemeinsame Impedanz (Leitungen). Störungen auf diesem Pfad werden als leitungsgebundene Störungen (conducted emissions) bezeichnet. Zu unterscheiden ist hier zwischen Gleichtakt- (Common Mode) und Gegentaktstörungen (Differential Mode).

Nicht leitungsgebundene Störungen (radiated emissions) entstehen auf den folgenden Kopplungspfaden:

Strahlungskopplung:

Aussendung von Wellenfeldern mit elektrischer sowie magnetischer Feldstärke (E/H-Feld)

Kapazitive Kopplung:

Zwei Stromkreise liegen nahe beieinander, hierbei entsteht ein elektrisches Feld (E-Feld). Die kapazitive Kopplung betrifft den Hochfrequenzbereich.

Induktive Kopplung:

Auch als magnetische Kopplung bekannt, da sie durch ein von einem stromdurchflossenen Leiter erzeugtes magnetisches Wechselfeld entsteht (H-Feld).

Im weiteren befassen wir uns zunächst mit den leitungsgebundenen Störungen. Die abgestrahlten Störungen werden Thema eines späteren Artikels sein.

Maßnahmen zur Reduzierung leitungsgebundener Störungen

Leitungsgebundene Störungen lassen sich mit einstufigen oder mehrstufigen Netzfiltern sehr gut begrenzen. Der Netzeingangsfilter oder EMV-Filter wird in der Regel durch einen Tiefpass realisiert, der die Netzfrequenz (50Hz/60Hz) nicht beeinflusst, jedoch die hochfrequenten Störungen blockiert. Der Filter ist mit X- und Y-Entstör-Kondensatoren und einer stromkompensierten Drossel aufgebaut.

Stromkompensierte Drossel:

Eine stromkompensierte Drossel besteht im Prinzip aus einem Ringkern mit zwei geometrisch getrennten und gegenläufigen Wicklungen mit gleicher Windungszahl. Dadurch wird der der vom Laststrom hervorgerufene magnetische Fluss kompensiert. Die Drossel reduziert die Gleichtaktstörungen.

Y-Kondensatoren:

Gleichtaktsignale zwischen Phase (L) und Erde (PE) sowie Neutralleiter (N) und Erde (PE) werden durch Y-Kondensatoren reduziert. Hohe Frequenzen (hochfrequente Energie) die auf beiden Leitungen gleichzeitig auftreten werden durch den Y-Kondensator nach Erde (PE) abgeführt (siehe Abb. 4).

X-Kondensatoren:

Gegentaktstörungen zwischen Phase (L) und Neutralleiter (N) werden durch X-Kondensatoren reduziert. Bei hohen Frequenzen (Hochfrequenzenergie) stellt der Kondensator einen Kurzschluss dar. Es handelt sich hierbei meistens um selbstheilende Polyester- oder Metallpapier-Typen, die auch hohe Stoßspannungen (Surge) aushalten. Sie verlieren dadurch zwar ein wenig ihrer Kapazität, aber die Isolierfestigkeit bleibt erhalten (seihe Abb. 5).

Netzfilter

In den meisten Fällen werden einstufige (siehe Abb. 6) und zweistufige EMV-Filter (siehe Abb. 7) verbaut. Reicht dies nicht aus, um Störsignale nach Normwerten zu limitieren, werden in der Praxis auch mehr Filterstufen hintereinander verbaut.

Ergebnis

Abschließend ein paar Beispielmessungen (Abb. 8 und 9). Völlig ohne Netzfilter werden die heutigen zulässigen Grenzwerte breitbandig weit überschritten, ein einstufiger Netzfilter ist zwar grenzwertig, aber noch ausreichend. Der zweistufige Filter bringt das bessere Ergebnis, sein komplexerer Aufbau mit deutlich mehr Bauteilen treibt aber den Gerätepreis in die Höhe.

Hier wird deutlich, wie wichtig ein sauberes Systemdesign ist, sei es bei der Leiterplattenentwicklung oder auch bei der Netzteilauswahl. Hochwertige Komponenten und ein intelligentes Layout der Systemplatine können die EMV schon im Entwicklungsprozess deutlich verbessern und vor- oder nachgelagerte Filtermaßnahmen erleichtern oder entbehrlich machen. Nachträglich einzubauende Komponenten sind oft ein teurer Kompromiss. Es ist daher sehr empfehlenswert , schon bei der Netzteilauswahl auf ein gutes EMV-Verhalten zu achten. Anspruchsvolle Hersteller designen ihre Produkte mit bis zu -6dB Sicherheitsabstand zu den Grenzwerten, um dem Entwickler die Arbeit zu erleichtern.

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Autor: FORTEC Power